In der Gemeinde hatten wir einen evangelistischen Anlass. Dieser Einsatz, in der die Gemeinde zur Mithilfe aufgerufen wurde, sorgte im Nachhinein für Diskussionen. Einige fanden den Evangelisten mutig, weil er auf den Straßen von Jesus sang und redete, andere waren mit dem Gesagten nicht einverstanden. Seit dieser Zeit geht mir das Wort Evangelisation nicht mehr aus dem Kopf. Und ich weiß nicht, wie es euch, liebe Leser, dabei geht, wenn ihr den Begriff Missionsbefehl hört. Ist er bei euch verknüpft mit positiven Erinnerungen, wie Bekehrung einer Freundin oder wart ihr selbst auf dem Missionsfeld und konntet die große Ernte einfahren? Vielleicht aber, geht es euch wie mir, dass sich eher ein ungutes Gefühl bei diesem Gedanken breit macht. Vielleicht meldet sich in diesem Zusammenhang auch, dass eine oder andere Gewissen, ja ich sollte schon längst mit meiner Nachbarin Klartext über den Glauben sprechen bzw. sie zum Jugendtreff oder Gottesdienst einladen.
Als ich über diese Thematik nachdachte, kamen mir nur meine negativen Erfahrungen in den Sinn. Ich war mit etwa 12 Jahren und auf einer Evangelisation meiner Gemeinde und ich hatte mich durchgerungen, meine Schulkollegin dazu einzuladen. Ich hatte große Erwartungen an Gott und dachte, ich habe alles richtig gemacht und sie wird bestimmt die Hand heben und nach vorn gehen. Leider wurde ich enttäuscht. Dann hatte ich mal ein evangelistisches Gespräch mit einer Freundin in der Ausbildung. Sie war suchend und fragend und ich dachte, ich habe es alles richtig beantwortet, mein Glaube war groß und wieder folgte die Ernüchterung. An dem Gespräch ist fast unsere Freundschaft kaputtgegangen. Und damals weiß ich noch, habe ich mir geschworen, nie mehr von Jesus zu erzählen. Doch irgendwie konnte ich es doch nicht lassen. Als ich in Afrika als Krankenschwester gearbeitet habe, hatte ich wieder ein gutes Gespräch mit einer Patientin und ich weiß noch, meine Kollegin und ich waren so aus dem Häuschen, dass sich die junge Frau bekehrt hatte und wir dem Teufel einen Menschen entreißen konnten. Das habe ich gedacht. Leider war dem nicht so, die Ernüchterung folgte schnell, die junge Frau brach psychisch zusammen. Wir würden eine schwere Psychose diagnostizieren, in Afrika würde man von dämonisch besetzt sein sprechen. Nun wurde ich von ihr verflucht …
Dann hatten wir vor paar Jahren bei uns eine Evangelisation. Ich habe mutig meine Nachbarin eingeladen. Sie kam, das war das erste und einzige Mal und wahrscheinlich auch das Letzte mal. Ich hatte große Erwartungen an Gott und an den Evangelisten. Wieder wurde ich enttäuscht. Und zu all dem kommt noch mein Versagen gegenüber meinen ungläubigen Freunden hinzu. Sei es, dass ich immer wieder, trotz aller guten Vorsätze nachlasse, für sie regelmäßig zu beten oder ich schweige lieber, als dass ich mutig zu meinen Glauben stehe, denn was könnten die anderen von mir denken. Und dann kommen mir all die verpassten Gelegenheiten in den Sinn. Und ich kam ins Nachdenken über diese Verse in Matthäus 28,19-20, die uns unter dem Oberbegriff Missionsbefehl bekannt sind. Ich finde es so motivierend und erbauend, dass wir als Gläubige nicht mit unseren Erfahrungen frustriert allein gelassen werden, sondern dass Gottes Wort Antworten, Trost, Ermutigung, Motivation für uns bereithält.
Das Kapitel 28 des Matthäusevangeliums berichtet von der Auferstehung Jesu. Jesus war auferstanden und begegneten zuerst Maria und Maria Magdalena und Jesus ließ durch sie den Jüngern ausrichten, dass er sie in Galiläa treffen wird. Und nun treffen die Jünger gerade Jesus auf dem Berg in Galiläa.
allerdings hatten einige Zweifel (Vers 17)
Als die Jünger ihn sehen, fallen sie anbetend vor ihm nieder. Doch wir lesen auch, dass einige noch zweifelten. Sie hatten Zweifel oder waren unsicher über Jesu Erscheinen, über seine Auferstehung, wie kann das alles sein? Ist er vielleicht doch nur ein Geist? Zögerlich und ängstlich, denn sie waren in der Gegenwart Gottes. Einige Jünger zweifelten immer noch, waren sich unsicher, obwohl sie drei Jahre lang mit Jesus Tisch und Arbeitsort geteilt hatten. Ich finde das sehr ermutigend. Die Jünger waren keine Glaubenshelden, unerschütterlich und standhaft, voll Vertrauen zu ihrem Herrn. Nein, in erster Linie waren sie kleingläubige, ängstliche und verunsicherte Menschen, wie du und ich. In den Kapiteln 26 -27 wird beschrieben, wie die Jünger ihrem Herrn im Garten Gethsemane nicht beistanden, sondern beim Beten einschliefen und schlussendlich alle, ohne jede Ausnahme, flohen. Wir sind also in bester Gesellschaft, wenn wir an Petrus denken, dem es nicht egal war, was die Angestellten dort am Feuer im Innenhof des Hohenpriesters Hannas dachten und er seinen Herrn dreimal verleugnete, oder dass die Jünger sich ängstlich in Jerusalem versteckten, verschanzt haben, nach dem Jesus gestorben war und die Auferstehung scheinbar nicht wirklich in Betracht gezogen wurde. Vielleicht gehörte Matthäus selbst zu den Zweiflern, die er hier beschreibt.
Doch wie tröstlich und ermutigend ist die Reaktion von Jesus?
Jesus trat auf sie zu (Vers 18a)
Wir lesen, Jesus trat auf sie zu, er geht ihnen entgegen. Er hält ihnen keine Standpauke, er macht ihnen keine Vorwürfe, er ist nicht ungeduldig mit ihnen oder nimmt sie nicht ernst. Nein, er geht auf sie zu. Er nimmt sich ihrer an, bei der ersten Begegnung nach seinem Tod. Er kennt sie, er liebt sie. Er weiß, um Petrus und seinem Versagen und Verrat, er kennt die Zweifel in den Herzen der einzelnen Jünger. Und so kennt er auch dich und mich, deine und meine Zweifel, deine Ängste, deinen und meinen Kleinglauben und unser Versagen. Und er geht auf uns zu und rückt die Dinge zurecht in den Köpfen und Herzen der Jünger und in deinen und meinen Herzen. Dies tut er mit einer einfachen Klarstellung:
mir ist alle Macht im Himmel und auf der Erde gegeben. (Vers 18b)
Himmel und Erde, diese Worte finden wir schon auf der ersten Seite der Bibel. Gott schuf Himmel und Erde, das steht für Gott schuf alles. Und so verhält es sich auch mit Jesu Macht über Himmel und Erde. Die Bibel spricht hier von einer universellen Macht. Jesus sagt hier: Ich habe Allmacht über alles, ich habe göttliche Autorität, ich bin der Weltenherrscher, über das ganze Universum, über alle Machthaber in dieser Welt, über Krankheit und Tod, über dich und mich. Er hält das ganze Universum in seiner Hand. Jedes kleinste Atom, jedes Partikel. Es gibt keinen Ort, an dem die Vollmacht Christi nicht gilt. Nichts und niemand kann sich seiner Kontrolle entziehen, er ist der Anfang und das Ziel aller Dinge. Er hat alle Macht, zu aller Zeit, an allen Orten.
Vielleicht ist es euch aufgefallen, dass in den Versen 18–20 das Wort „alle“ das Schlüsselwort ist. Es kommt drei, je nach Übersetzung sogar bis zu 4-mal vor. Alle Macht, alle Völker, alles, was ich euch gelehrt habe, alle Tage … Und daran können wir das wahre Ausmaß der Herrschaft Christi erkennen.
Viele kennen vielleicht noch das Kinderlied: Er hält die ganze Welt in seiner Hand, er hält dich und mich, er hält das winzig kleine Baby, die Mutter und die Tochter, der Vater und der Sohn, die Jungen und die Alten …. Einfach ALLES in seine Hand! Denn wie er sagt: «mir ist alle Macht im Himmel und auf der Erde gegeben.»
DARUM geht zu allen Völkern und macht die Menschen zu meinen Jüngern (Vers 19a)
In Vers 19 und steht am Anfang des Verses ein kleines Wort, das man schnell überliest, aber das von größter Wichtigkeit ist. Darum. Ein kleines Wort mit großer Wirkung. Auf dem Fundament der Allmacht Jesu über das ganze Universum bis zum kleinsten Partikel; Atom und Virus gehen wir von ihm und durch ihn autorisiert zu allen Völkern, um was zu tun? Um Jünger zu machen. Wir gehen und machen nicht aus eigener Kraft oder Anstrengung oder aufgrund unserer eigenen Autorität, oder weil wir so begabt oder redegewandt sind, nein, wir sind durch Jesus zu diesem Dienst bevollmächtigt.
Wir sind Abgesandte des Königs, von ihm autorisiert, seine Botschaft in die Welt, in unsere Nachbarschaft, in unsere Schule, an unseren Arbeitsplatz, in unsere Familie, in unsere Gemeinden zu tragen …
Wir stellen fest, dass es sich hier, um einen Befehl, um einen Auftrag handelt an alle Christen, zu gehen und zu machen. Die Betonung hier liegt nicht auf dem Verb gehen, sondern auf den Worten: «zu meinen Jüngern machen». Das Wort Jünger beschreibt jemanden, der von den Instruktionen eines anderen lernt. Jünger Jesu sind also Lernende, die den Lehren Jesu folgen.
In der Vergangenheit wurde oft der Schwerpunkt auf das Gehen, Gehet hin, gelegt. Nun ist die Frage, erfüllen wir den Auftrag, indem wir an die entlegensten Orte gehen? Ist der Auftrag erfüllt, wenn wir Traktate verteilen oder auf die Straße gehen und mit Leuten ins Gespräch über den Glauben kommen? Erfüllen wir den Auftrag, wenn wir jährlich eine Evangelisationsveranstaltung durchführen? Oder wenn du deiner Nachbarin von deiner Bekehrung erzählst? Ist der Auftrag erfüllt, wenn du bei einer Missionsgesellschaft arbeitest oder deinen Kollegen in die Gemeinde mitbringst?
Alles, was ich aufgelistet habe, Zeuge sein, Kollegen einladen, mit der Nachbarin über den Glauben sprechen etc. ist nicht falsch, aber es erfüllt nicht vollständig diesen Befehl.
Ich dachte jahrelang, ich war in der Mission und habe Gottes Auftrag umgesetzt, weil ich in Afrika als Krankenschwester den Armen und Kranken gedient habe, aber da habe ich mich geirrt. Jesus möchte mehr. Er ist nicht interessiert an Bekehrte, die bei einer Evangelisation das Übergabegebet gesprochen haben, nun aber weiter so leben, wie vorher. Jesus möchte Jünger haben. Jesus ist nicht in erster Linie gekommen, um Leid und Not in der Welt zu lindern. Er ist gekommen, um suchen und zu retten, was verloren ist, um Sünder zu retten. Er möchte Jünger, echte Nachfolger, das gilt nicht nur für frisch Bekehrte, nein, er möchte auch dich und mich als seine Jünger haben.
Und Jesus gibt auch klare Anweisung, wie das Jünger machen vonstattengehen soll.
tauft sie auf den Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehrt sie ALLES zu befolgen, was ich euch geboten haben (Vers 19b)
Die Taufe ist der erste Gehorsams- und Glaubensschritt im Leben eines Jünger Jesu. Sie rettet nicht oder erneuert, aber sie ist ein Zeichen und Siegel für deine und meine Gotteskindschaft. Dann sagt Jesus weiter: lehrt sie alles zu befolgen, was euch geboten habe, und es bedeutet, die Bibel von A bis Z zu lehren. Wir machen Jünger, indem wir sie lehren. Der Sinn und Zweck dieses Lehrens sind alles zu bewahren und allem zu gehorchen, was Jesus geboten hat. Von der Erschaffung der Welt bis hin zur Offenbarung …ALLES! Und im Zentrum steht das Evangelium Jesu Christi.
Während die Taufe ein einmaliger Schritt eines Jüngers ist, zieht sich das Lernen und Gehorchen durch das ganze Leben eines Jüngers. Und Jesus erwartet nicht nur von uns, dass wir von ihm lernen, sondern auch, dass wir ihm gehorchen.
Ihr seht, Jünger machen geht sicherlich nicht auf die Schnelle, sondern benötigt Zeit und vieles, vieles mehr. Wer Kinder hat, der weiß, wovon ich spreche. Jünger machen ist ein hartes Training und ich habe festgestellt, es geht und kommt nichts von allein. Training ist kein Selbstläufer. Es braucht jeden Tag Überwindung, Zeit, Disziplin, Weisheit, Kraft, Blut und Schweiß, viel Gebet und Tränen. Und wer sich schon einmal auf den Jungfrau-Marathon hier im Berner Oberland vorbereitet hat, der oder diejenige kann ein Lied davon singen. Und so verhält es ich auch mit zu Jüngern machen: Jünger machen ist also mit viel Kraft, Zeit, Ausdauer, Engagement, Investition und Aufwand verbunden.
Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber als ich mich mit den Versen beschäftigt habe und feststellen musste, welche Tragweite dieser Auftrag hat und was dieser Befehl eigentlich bedeutet und wie schwierig die Umsetzung ist und wie ich doch immer wieder den Auftrag nicht mal im Ansatz erfüllt habe, gescheitert bin, war ich erst mal mutlos und frustriert. Wer kann das schaffen? Wie soll das gehen?
Gott gebraucht keine Einzelkämpfer, um Jünger zu machen. Er möchte ein ganzes Heer von Jüngern, die Jünger machen, denn wir könnten niemals allein diesen Auftrag bewältigen. Unmöglich!
Jesus gebraucht seinen Leib, um in seiner Autorität zu gehen und zu machen, indem wir taufen und lehren. Jünger machen betrifft nicht nur Menschen, die Jesus nicht kennen oder die zum ersten Mal die Gemeinde besuchen, nein, wir machen Jünger in der Sonntagschule, in der Kinderlehre, in den Familien, in der Jungschar, in der Jugendgruppe, in der Jugendlehre, am Seniorennachmittag, in den Hauskreisen, im Gottesdienst, wo jeden Sonntag das Wort Gottes gelehrt wird.
Überall in der Gemeinde und in der Familie, wo das ganze Wort Gottes gelehrt wird, dort werden Jünger gemacht.
Wir taufen in der Gemeinde. Die Gemeinde sendet Missionare aus, unterstützt Missionare finanziell, damit sie an die entlegensten Orte gehen können und Gemeinden gründen, Evangelisationen werden durchgeführt, Außenstehende werden eingeladen in Jungschar und JG, damit sie, so Gott will, einmal zu seinen Jüngern werden. Mit anderen Gemeinden werden Infostände organisiert, christliche Traktate und Bücher verteilt, gelegentlich ergibt sich ein Gespräch mit Touristen oder Außenstehenden, die dann an den entlegensten Orten wieder heimkehren und vielleicht dort eine Gemeinde vorfinden, die sie dann zu Jüngern macht.
Es braucht also eine ganze Gemeinde, um Jünger zu machen. Wir brauchen einander, indem wir uns lehren, lernen, unterstützen, ermutigen, anspornen, ermahnen und füreinander beten. Es braucht dich und mich, um den Missionsbefehl zu erfüllen.
Aber dem Heiligen Geist gebührt allein die ganze Ehre bei der Erfüllung des Missionsbefehls, denn es ist der Heilige Geist, der uns vorausgeht, der Herzen und Gedanken vorbereitet. Der durch die Wahrheit des Evangeliums Menschen zur Umkehr und Busse führt. Der Heilige Geist verrichtet die eigentliche Arbeit, in dem er in uns wohnt, uns mit Christus vereint und uns als Jünger dazu befähigt zu gehen und zu machen. Er ist es auch, der niemals zulassen wird, dass die Mission Gottes scheitert. Und so ermutigend und motivierend Jesus den Missionsbefehl eingeleitet hat, mit «mir ist alle Macht im Himmel und auf Erden gegeben», so ermutigend und motivierend beendet er ihn auch.
Und seid gewiss: ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende (Vers 20)
Habt keinen Zweifel daran, denn ich bin bei euch bis ans Ende der Welt … Es ist in dem Sinn gemeint bis zur Vollendung aller Dinge, bis Jesus wiederkommt und diese Welt erneuern wird.
Mit den Worten „Ich bin bei euch alle Tage“ versichert Jesus seinen Jüngern und uns, dass er die Erfüllung der alttestamentlichen Prophezeiung ist. Er ist Immanuel – Gott mit uns – der verheißene Mensch gewordene Gottessohn (Jes 7,14; Mt 1,23).
Auch wenn wir vielleicht uns allein fühlen, herausgefordert, frustriert oder gar überwältigt, mit Situationen im Alltag, mit dem Auftrag oder vielleicht auch in der Gemeinde. Er ist da. Er ist mittendrin, wenn du im Gespräch über ihn und sein Wort mit deiner Kollegin bist oder mit deinen Kindern am Küchentisch. Er ist da, denn er hat es versprochen und was er verspricht, das hält er gewiss.
Er ist mit dir und in dir durch seinen Geist, immer und überall, zu aller Zeit bis in alle Ewigkeit